Achtung:
Für in menschlicher Obhut überwinterte Igel gilt: Aussetzen erst dann, wenn die Nachttemperaturen +8° nicht mehr unterschreiten Die Natur muß ausreichend Unterschlüpfe bieten und die Insekten müssen als Futter für die
Igel reichlich vorhanden sein. Man sollte sich nicht täuschen. Im Freien überwinterte Igel werden schon gesichtet. Dennoch ist es für unsere Schützlinge noch zu früh!!!!!! Noch fehlen ihnen ihre Unterschlüpfe u.sicheren Futterquellen, die sie sich erst wieder erarbeiten müssen.
Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte…
… und die alljährlichen Igelprobleme beginnen aufs Neue. In diesem Jahr war es so recht gar kein Winter. Die ersten Igel sind schon aus dem Winterschlaf erwacht- Es sind in der Regel Männchen.
. Sie haben es noch schwer, denn als Insektenfresser finden sie jetzt noch keine ausreichende Nahrung.
Nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf, der ja kein Schlaf in unserem Sinne ist, braucht der Igel zunächst einmal seine Ruhe, um sich wieder an die aktive Phase zu gewöhnen. Das Herz schlägt wieder schneller, die Körpertemperatur steigt an, die Atmung wird tiefer und schneller. Die Speckschicht ist dahin geschmolzen und der Stachelbalg schlottert ihm um den
mageren Körper.
Essen, Trinken und …
Die ersten Schritte sind nach den Stunden des Aufwachprozessen wackelig und langsam.
Jetzt braucht unser stacheliger Freund erst mal Wasser, egal, ob aus der Pfütze, dem Bächlein oder auch den Tau von Pflanzen und Gräsern.
Dann begibt sich der wandelnde Kaktus auf Futtersuche. Igel haben kein Revierverhalten, wie viele andere Tiere und sie jagen auch nicht
Es ist ein Suchen und Finden der Nahrung
Der Igel, als dämmerung- und nachtaktives Tier hat kein besonders gutes Sehvermögen, aber er hört und riecht ausgezeichnet und so findet er seine Nahrung. Auf der Nahrungssuche muss er noch weite Strecken zurück legen. Die Gefahr ist daher groß, von einem Auto erwischt zu werden.
…Partnersuche
Das Gleiche gilt für die bald beginnende Partnersuche. Schon liegen die ersten Kandidaten wieder platt gefahren auf den Straßen. Bei angepasster Fahrweise wären viele Tieropfer zu vermeiden. Dem Igel hilft sein angeborenes Verhalten – einrollen und abwarten bis die Gefahr vorbei ist -gar nicht, wenn ein Auto im Spiel ist. Und ein toter Igel lernt nicht mehr.
Dennoch, so scheint es manchmal, daß einige Igel einen Lernprozess durchmachen. Manche schätzen ab, ob nun das rasche Weglaufen oder das Einrollen das Überleben sichert.
Gefährdeter Lebensraum – Verletzungen…
Der Igel, als Kulturfolger des Menschen, hat in unserem Umfeld leider nicht das Paradies gefunden. Jetzt werden die Gärten wieder fein gemacht. Altes Gesträuch wird entfernt und damit mancher Igelunterschlupf.
Schadhafte Zäune werden ausgebessert und damit manchem Igel der Weg in bessere Nahrungsgründe versperrt. Aber auch beim Kompostumsetzen wird in den Haufen hinein gestochen und den einen oder anderen Igel erwischt es böse Besonders, wenn unachtsam mit Fadenmähern u. Tellersensen z. B. unter Büschen gearbeitet wird.
. Da der Igel in Bodennähe lebt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß sich Wunden infizieren und,besonders wenn es wärmer wird, dass Fliegen ihre Eier in die infizierten Wunden legen. Die rasch schlüpfenden Maden fressen den Igel bei lebendigem Leibe.
Sie sehen, nicht nur im Herbst und bei den berühmten “Unter-600g-Körpergewicht” brauchen Igel Hilfe.
Mit Achtsamkeit können wir erreichen, dass viel weniger Tiere zu Opfern unseres Handelns werden. Die beste Hilfe für Igel ist natürlich, ihnen einen Lebensraum zu lassen oder zu bereiten, wo sie sich satt fressen und ihre Jungen großziehen können; wo sie sich ungefährdet zum Ruhen in ihre selbst gewählten Unterschlüpfen zurückziehen können.
Hilfe ist auch, Gefahren zu erkennen und abzuwenden. Wenn menschliche Hilfe bei Krankheit oder Verletzung unumgänglich ist, dann sollte sie unbedingt sachkundig sein.
Das Gleiche gilt für die Aufzucht verwaiste Igelsäuglinge, die ab Ende Mai, Anfang Juni bis in den September hinein, zu erwarten sind. Das ist landschafts- und witterungsgebunden unterschiedlich.
…fehlende Nahrung…
Wir haben es uns leider gedankenlos zur Gewohnheit gemacht, so genannte Unkräuter mit Stumpf und Stiel auszurotten und dafür Pflanzen einzusetzen, die uns gefallen, die bei uns gedeihen, die aber oft von weit her kommen.
Aber: Die heimischen Pflanzen sind die Kinderstube der heimischen Insekten = Igelnahrung. Fehlen sie, fehlen Arten und das bedeutet eine Reduzierung der Nahrungsvielfalt für den Igel.
Die eingebürgerten, für uns sehr schönen Pflanzen, bieten der heimischen Insektenwelt weder Nahrung noch Kinderstube.
So verringern wir alljährlich die Artenvielfalt in unserem Umfeld etwas mehr. Dazu kommt noch die Verletzungsgefahr der Igel durch Gartengeräte, besonders so genannte Rasentrimmer, die gedankenlos eingesetzt werden unter überhängendem Strauchwerk, Büschen etc.
… Gefahr durch Gift und Gartenteich
Und dann geht es auch schon wieder los mit der Giftspritze. Alle Nahrungstiere des Igels werden vernichtet, die vergifteten, leicht zu erhaschenden Tiere belasten auch den Organismus des Igels.
In manchen Gärten wird an einem Platz Unrat aus dem Garten aufgehäuft und schließlich ohne großes Nachdenken angezündet und verbrannt. So mancher Igel verbrennt mit. Wer sich jemals verbrannt hat, weiß, wie weh es tut.
Schlimm sind auch die mancherorts als Brauchtum gepflegten Riesen –Osterfeuer.
Noch immer sind viele unserer so beliebten Gartenteiche Todesfallen für Igel, wenn die Seiten steil und ohne Ausstiegshilfen sind. Igel können zwar schwimmen, aber sie erschöpfen sich leicht und müssen dann ertrinken.
Nicht zugedeckte Kellerschächte oder andere diverse Gruben wurden schon so manchem Tier zum Verhängnis.
Igel leben nachweislich seit der Kreidezeit auf diesem Planeten. Bemühen wir uns alle darum, dass uns der kleine sympathische nachtaktive Kobold noch lange erhalten bleibt. Ich hoffe, daß Sie alle mit Wohlwollen, offenen Auges und wachen Sinnes auch für die kleinen stacheligen Sympathieträger durch das Jahr gehen.
Igel gefunden – und nun?
Jetzt rennen sie wieder – eigentlich in der Dämmerung und nachts, sowie im Morgengrauen – die Igel.
Schon wieder finden wir angefahrene oder überfahrene Igel an den Straßenrändern, aber auch durch Gartengeräte verletzte oder kranke Tiere. Sie sind aus dem Winterschlaf erwacht und sind damit beschäftigt, ihre verlorenen Fettreserven wieder aufzufüllen und natürlich – einen Partner/Partnerin zu finden. Leider ist unser Umfeld, in dem die Igel als Kulturfolger leben müssen, weil ihre angestammten Lebensräume weitestgehend zerstört und verändert sowie von Straßen durchzogen sind, nicht mehr igelfreundlich.
Bei angemessener Fahrweise müßten nicht so viele Igel ihr Leben auf der Straße lassen. Manchmal sind sie nur verletzt u. benommen u. sterben hinterher, weil niemand hilft.
Nehmen wir einen verletzten Igel auf, braucht er tierärztliche Hilfe, denn die Verletzungen infizieren sich, eitern, Fliegen setzen sich darauf und legen ihre Eier ab. Die Maden fressen zwar zuerst das infizierte Gewebe und die Absonderungen, aber alles was frißt, scheidet auch aus und das wieder ist für die Igel gefährlich – giftig.
Also – Igel umgehend vom Tierarzt behandeln lassen oder in einer qualifizierten Igelstation.
Pflege
Pflegen kann man das Tier auch zuhause. Dazu bekommt es eine große Kiste – wenn es geht 1 1/2 qm groß -, die mit Zeitung ausgelegt ist. Dazu braucht der Igel ein kleines Schlafhaus mit einem etwa 10×10 cm großen Einschlupfloch, ausgelegt mit Zeitung u. angefüllt mit Knüllpapier oder Haushaltsrollenpapier. Blumenuntersetzer aus Ton, glasiert, eignen sich
hervorragend als Trink-u. Freßschälchen. Wasser muß immer zur Verfügung stehen.
Als Futter eignen sich einfach in Wasser gekochte. Hühnerflügel
Gekochtes Geflügelfleisch mit etwas Kleie. In der Pfanne gestocktes frisches Tartar, Katzenfutter mit ein paar Tropfen Maiskeimöl und etwas Kleie als Ballaststoff.
Auch ungesalzenes Rührei ist als Futter geeignet.
Igel sind keine Nagetiere, sondern Insektenfresser – also keinen Salat, keine Banane oder Nüsse füttern.
Kann das Tier nicht selbstständig fressen, wird die Nahrung so stark zerkleinert, daß sie mit einer Spritze aufgezogen werden kann und man nimmt das Tierchen in Rückenlage in die Hand u. sucht mit dem Konus der Spritze das Mäulchen und gibt die Nahrung sehr langsam hinein. Bitte darauf achten, ob der Igel schluckt.
Die Nahrung wird bei sehr geschwächten Tieren früh morgens u. abends gereicht. Die Anweisungen der Tierärzte oder Igelstation sind zu beachten auch bzgl. Medikamenteneingabe, Bäder, etc. wenn der Igel nicht ständig transportiert u. damit gestresst
werden soll.
Häufig findet man jetzt auch am Tag Igel, die ungeschützt in der Sonne liegen oder auf wackeligen Beinchen umherlaufen.
Ist der gefundene Igel pflegebedürftig?
Am Tag gefundene Igel sollten uns immer aufmerksam machen, denn der Igel ist von Natur aus ein dämmerungs- und nachtaktives Tier. Selten ist der Grund für die Sichtung am Tage eine Störung im Schlafnest. Meist ist es eine bakterielle Erkrankung in Folge einer starken Verwurmung.
Die Igel wirken mager, walzenförmig, ihre Augen sind keine hervorstehenden halbkugelförmigen schwarzen Knöpfchen, sie sind eher schlitzförmig oder gar nicht geöffnet und tiefliegend. Es kann sein, daß der Igel am Tag sehr unruhig herumläuft.
Seine Hinterlassenschaft ist kein braunes festes Würstchen, sondern grünschleimig, manchmal blutig.
Achtung: Igel leben am Boden, also im Dreck. Krankheitsereger, die den Igel schwächen, können auf Menschen übertragen werden, z. B. Eitererreger und Salmonellen, etc
. Mit ausreichender Hygiene – Händewaschen mit Seife u.Nutzung von Handschuhen im Umgang mit den Tieren, sowie Sauberhaltung der Gehege und Näpfe besteht für den Menschen keine Gefahr!
Für die Unterbringung der kranken Igel gilt das Gleiche wie für verletzte Igel, auch was über die Fütterung gesagt wurde.
Aber: Ein scheinbar unterernährter Igel ist in der Regel krank.
Krankheit mit Futter u. Unterbringung heilen zu wollen ist illusorisch.
Die Tiere werden so einfach mit Liebe zu Tode gequält. Kranke Tiere brauchen tierärztliche Behandlung. Das heißt – zunächst einmal die Infektion behandeln, den Igel stabilisieren. Eine Kotuntersuchung zur Bestimmung der Parasitenarten ist zwingend erforderlich. Erst wenn der Igel stabil ist und frißt, darf entwurmt werden. Wurmmedikamente sollen den Wurm im Inneren des
Igels umbringen und belasten auch den Igel, Ein kranker schwacher Igel kann daran sterben.
Noch ein Hinweis:
Kranke und verletzte Tiere brauchen nicht nur im Herbst unsere Hilfe, sondern ganzjährig. Die berühmten 600 g im Herbst beziehen sich nur auf Tiere, die evtl. spät geboren sind und bei Frosteinbruch noch mit einem Gewicht von unter 600 g herumlaufen. Auch sie sind in der Regel nicht einfach unterernährt, sondern verwurmt und krank, weil sie nicht mehr die geeignete Nahrung in ausreichender Menge fanden und letztendlich nur noch Würmer und Schnecken aufnahmen, die Zwischenwirte ihrer Innenparasiten.
Igelbabys – noch ist es nicht so weit, ab Juni muß man damit rechnen!
Wenn Igelbabys gefunden werden (zu erwarten zwischen Juni und September je nach Region ):
Fühlt sich das Tierchen kühl an – auf ein Tuch legen, handwarme Wärmflasche darunter u. locker zudecken
(kein Rotlicht oder Heizkissen, weil das austrocknet.)
Mit einer Pipette oder Spritze ohne Nadel handwarmen Fencheltee tropfenweise ins Mäulchen geben. Darauf achten, daß das Tierchen schluckt. Schnellstens Kontakt mit einer qualifizierten Igelstation aufnehmen!
Kein Versuch mit irgendeiner Milch – das führt zu Ernährungsstörungen, die tödlich ausgehen. Igel sind Säugetiere das heißt – sie brauchen in der frühen Zeit ihres Lebens die Milch ihrer Mutter. Wenn die Mutter aber unauffindbar ist, müssen sie mit einer speziellen, verträglichen Milch ernährt werden, die der Muttermilch ähnlich gemacht wird. Dazu muss man wissen, wie alt etwa
das Tierchen ist, um sagen zu können, wieviel Milch zu vievielen Mahlzeiten gegeben werden muß, wann man mit Zusatznahrung anfängt und was ganz wichtig ist: nach der Fütterung ist das “Toiletting”, also das Ermöglichen von Ausscheidungen überlebenswichtig!
Igel dürfen als Futter keine Milch bekommen – sie vertragen sie nicht, sondern reagieren mit tödlichen Durchfällen (sie schlecken sie gern, weil sie süßlich ist. Leider wird ihnen von Menschen in guter Absicht noch immer Milch gereicht ! )
Als Säugetiere brauchen aber Igelbabies bis zu einem gewissen Alter die Muttermilch, bzw. eine der Muttermilch ähnlich gemachte Ersatzmilch.
Hinweis:
Unter www.pro-Igel.de gibt es einen Hinweis auf Merkblätter. Eines davon hat das Thema Aufzucht von Igelsäuglingen. Man kann es mit einem Doppelklick öffnen und wertvolle Hinweise finden. Das gleiche gilt zu allen hier besprochenen Themen.
Mit herzlichen Grüßen
Karin Oehl